Winter 2019/20: Diese Musikfilme und -serien versüßen die trüben Tage

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Als Filmfreund kann man darauf vertrauen, zumindest bis Neujahr im Free-TV genügend „Anschauungsmaterial“ serviert zu bekommen – sofern man nichts gegen die Alle-Jahre-wieder-Klassiker im Stil von Der kleine Lord hat. Was allerdings das Filmisch-Musikalische angeht, sind diese Wochen naturgemäß ziemlich monothematisch auf Weihnachtliches fokussiert.

Und wenn erst mal die letzten Silvesterraketen am Nachthimmel zerplatzt sind, wird das Fernsehprogramm auch meist generell reichlich dünn und es beginnt eine Durststrecke. Erst recht, wenn man zu den Freunden des Genres Musikfilm bzw. -serie gehört. Genau für die ist der folgende Ratgeber gedacht: Die hier gelisteten 7 Filme und Serien, die es im Stream sowie auf DVD und Blu-ray gibt, sind genau das Richtige, um die grauen Wintertage mit spektakulären Bildern und mitreißenden Klängen gemütlich auf der Couch abwettern zu können.

Musikfilme Gitarre

1. Walk The Line (Film, 2005)

Man muss nicht unbedingt Fan von Country-Musik sein, um das Lebenswerk von Johnny Cash schätzen zu können. Denn der Mann war ein gradliniger Rebell, der sich zeitlebens für andere einsetzte. Aber er war auch ein Mann mit vielen Ecken und Kanten, der mit sich selbst die größten Schwierigkeiten hatte und über weite Strecken nur Kraft seiner „Lichtgestalt“ June Carter weitermachen konnte.

Wohl niemand anderes könnte diese Zerrissenheit besser verkörpern als der großartige Joaquin Phoenix in Zusammenarbeit mit einer nicht minder genialen Reese Witherspoon. Das Werk von James Mangold gilt nicht nur als gefeierte filmische Umsetzung der Cash-Biografie, sondern auch als ein Juwel des Musikfilm-Genres und bekam fünf Oscar-Nominierung bei einer Prämierung. Genial: Sämtliche Songs des Soundtracks wurden von Phoenix und Witherspoon selbst eingesungen.

2. The Defiant Ones (Doku-Serie, 2018)

Wenn es ein Musikgenre geschafft hat, trotz seines mittlerweile respektablen Alters immer jugendlich-frisch zu wirken, dann Rap – dessen Wurzeln mittlerweile immerhin weit mehr als 40 Jahre zurückreichen.

Nach so vielen Jahren ist es durchaus berechtigt, Rückschau zu halten. Ein Grund, warum wir derzeit viele geniale Rap-thematische Bildschirmhighlights serviert bekommen. Heraus sticht aber eine Netflix-Doku-Serie, die jemandem huldigt, der nicht bloß einen Großteil jener 40+X Jahre miterlebt, sondern maßgeblich mitgestaltet hat: André Romelle Young, AKA Dr. Dre.

Was Regisseur Allan Hughes mit The Defiant Ones für Netflix inszenierte, ist mehr als nur eine Musikerbiografie. Es ist die Geschichte des Rap aufgehängt an der Zentralfigur Dr. Dre. Zwar nur vier Folgen lang, aber unglaublich packend – selbst wenn man mit dem Genre weniger zu tun hat. Dazu sind die Spuren, die der Entdecker von Stars wie Snoop Dogg und Eminem im Lauf seiner Karriere zog, viel zu weitverästelt und ragen in zahllose andere Genres hinein.

Übrigens: Im Anschluss kann man sich sofort Straight Outta Compton zu Gemüte führen, wo der Doktor ebenfalls eine Schlüsselrolle spielt.

Musikfilme Konzert

3. Comedian Harmonists (Film, 1997)

Dass die Jahre zwischen Ende des Ersten Weltkriegs und Aufstieg der Nazis eine faszinierend-quirlige, aber in der heutigen Erinnerung weitgehend unbeachtete Epoche waren, wurde erst unlängst unzähligen Zuschauern beim Genuss der hochgelobten Kriminal-Dramaserie Babylon Berlin wieder bewusst.

Doch so herausragend die ZDF-Sky-Koproduktion auch ist, ihre filmischen Wurzeln liegen vor der Jahrtausendwende: 1997 kam mit Comedian Harmonists ein Streifen in die Kinos, der den Werdegang der größten deutschen Musikstars jener Epoche mit viel Gespür für historische Korrektheit nachzeichnet.

Die Comedian Harmonists waren nicht nur die strenggenommen erste zusammengecastete Boyband. Die Verfilmung ihres Aufstiegs unter Federführung von Regisseur Joseph Vilsmaier zeigt auch stellvertretend, wie Unbeschwertheit, Zukunftsgläubigkeit und Lebenshunger der 1920er erst durch den Börsencrash erschüttert und dann durch die Machtergreifung zerstört wurden.

4. Private Parts (Film, 1997)

Das Fernsehen hat unzählige Weltstars. Das Radio hingegen kennt in den jüngsten Jahrzehnten nur einen: Howard Stern. Das liegt nicht zuletzt daran, dass der US-Amerikaner es in seinen Sendungen immer wieder schaffte und schafft, Grenzen einzureißen – wie Kritiker mokieren meistens die des guten Geschmacks.

Private Parts erzählt auf augenzwinkernde Weise die Biografie dieses selbstbezeichneten „King of all Media“, der es zu Glanzzeiten schaffte, 20 Millionen Amerikaner vors Radio zu bringen und der in den 2000ern zum reichsten Radio-DJ aller Zeiten avancierte – obschon sein loses Mundwerk sogar die Regierung auf den Plan brachte, die ihn ins private Satellitenradio „vertrieb“.

Das Werk von Betty Thomas, in dem Stern sich selbst spielt, ist über weite Teile pubertär, mit viel Humor unterhalb der Gürtellinie. Aber es ist auch ein Streifzug durch die Radio- und somit Musikgeschichte im Amerika der 70er, 80er und 90er Jahre – der allerdings nach Ansicht vieler in der englischen Originalvertonung deutlich besser rüberkommt.

5. The next Step (Serie, 2013)

Mit Filmen und Serien, die Jugendliche in einem musikalischen Umfeld portraitieren, ist es oft eine Sache – sie sind häufig auf ein nicht minder jugendliches Publikum zugeschnitten und deshalb für dem Alter entwachsene Menschen, die sich nicht mehr so mit Jugendproblemen identifizieren können, oft „etwas schwierig“.

Eine Ausnahme, obwohl auch auf junge Zuschauer fokussiert, macht die mittlerweile fünf Staffeln starke kanadische Serie von Regisseurin Jessica McPherson. The next Step ist nicht nur Titel, sondern auch Name der Elite-Tanzschule, um die sich die Reality-Serie dreht. Von Kleinkindern bis zu Jugendlichen reicht das Portfolio der Eingeschriebenen; Ziel ist immer, zu international erfolgreichen Tänzern zu werden.

Dabei liegt der Fokus der auf Amazon gestreamten Show zwar auf dem Tänzerischen. Jedoch wird The next Step dadurch auch zum Schaulaufen der modernen Popmusik – und die vorkommenden großen und kleinen Teenie-Dramen sorgen für Unterhaltung.

6. Vinyl (Serie, 2016)

Martin Scorsese dürfte zweifelsohne einer der wichtigsten Eckpfeiler des modernen Hollywood sein – sowohl als Regisseur wie Autor und Produzent. Wo sein Name draufsteht, das sagen selbst Kritiker, kann eigentlich nichts grundsätzlich Schlechtes drinstecken.

Nun hat der Filmmacher, der derzeit für sein Mafia-Epos The Irishman gefeiert wird, seine Hände auch in Serienproduktionen – eines der meistgefeierten Ergebnisse davon dürfte Boardwalk Empire sein, in dem Steve Buscemi als mafiöser Stadtkämmerer Atlantic City durch die Prohibitionszeit steuert. Nach diesem prämierten Serien-Epos, für das Scorsese als Produzent auftrat, dürfte es nicht verwundern, dass Vinyl, wo er in gleicher Rolle beteiligt ist, ebenfalls viele Vorschusslorbeeren bekam – und sie prompt erfüllte.

In der Serie, die u.a. bei Sky und Amazon gestreamt werden kann, geht es um die düstere Seite im Musikbusiness der 1970er. Denn was aus heutiger Sicht die lebensfrohe, zumindest feierwütige Zeit von Disco und Punk war, bedeutete für viele Labels auch einen Sinnwandel. Genau darum geht es in Vinyl: Richie Finestra ist Chef vom Plattenlabel American Century Records. Eigentlich eine Erfolgs-Kombination, deren beste Tage allerdings zurückliegen und die zum Start der Serie mit enormen wirtschaftlichen und privaten Problemen kämpft. Tolles Portrait der 70s-Musikszene randvoll mit damaligen Chartstürmern und ihrem Sound.

7. A Star Is Born (Film, 2018)

Filme, in denen Musiker eine Hauptrolle spielen. Zu dieser Konstellation gibt es genügend Beispiele, die gnadenlos durchfielen; man denke an Spiceworld von 1997, der nach wie vor zu den schlechtesten Filmen aller Zeiten gezählt wird – nicht bloß in der gleichnamigen Show von Oliver Kalkofe.

Gleich vorweg: A Star is born gehört absolut nicht in diese Riege, auch wenn es sich um die mittlerweile vierte Auflage der bereits 1937 erstverfilmten Story handelt. Das liegt in weiten Teilen daran, dass sich die Hauptdarstellerin Lady Gaga in ihren schauspielerischen Qualitäten enorm von der Musiker-Masse abhebt. Zum anderen daran, dass ihr Hollywood-Routinier Bradley Cooper nicht nur als Filmpartner zur Seite steht, sondern auch erstmalig Regie übernahm.

Die Story selbst ist zwar bekannt – Musikstar befindet sich auf dem absteigenden Ast, lernt junges, unbekanntes Talent kennen, fördert es und die beiden verlieben sich – aber das Duett Gaga-Cooper schafft es, seine Charaktere mit einer unglaublichen Magie zu erfüllen, die in keiner der 136 Filmminuten gekünstelt oder übertrieben wirkt.

Das zeigt sich auch an der schieren Masse von Preisnominierungen und -verleihungen: Zwar gab es „nur“ einen Oscar für den besten Filmsong. Aber allein für diesen Preis acht Nominierungen, darunter für den begehrten Bester Film – von Grammy und Co. ganz zu schweigen. Dass dahinter kein Promi-Bonus für Lady Gaga stand, wird auch jeder auf der heimisch-winterlichen Couch feststellen.

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