Suicide Tourist: Filmkritik
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Suicide Tourist: Filmkritik

Bild von Nils Zehnder
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Mit Suicide Tourist hätte man eines der gesellschaftlich sensibelsten Themen der heutigen Gesellschaft verarbeiten können – Suizid. Stattdessen startet mit dem Film ein Brandwerk für all jene in den Kinos, die schon unter einer Vorbelastung leiden.

Doch beginnen wir von vorne. In Suicide Tourist begleiten wir den Versicherungsagenten Max. Er steckt, aufgrund seines stetig wachsenden Tumors, in einer schweren Existenzkrise. Nach mehreren abgebrochenen Suizid-Versuchen stößt er bei der Arbeit auf eine Alternative. Ein verschollener Ehemann, scheint sich in ein Hotel begeben zu haben – Das Hotel Aurora. Dabei handelt es sich um ein weit abgelegenes Resort, dass Menschen beim Suizid unterstützt. Dort begibt sich Max hin, um seinem Leben ein vermeintlich gutes Ende zu verpassen.

Der Film ist das Werk von Jonas Alexander Arnby. 2014 inszenierte er mit When Animals Dream bereits einen äußerst umstrittenen Film. Vom Horror-Genre wendet er sich mit seinem neusten Film jedoch ab und begibt sich in die Gefilde des Dramas. Suicide Tourist soll, so die Synopsis des Filmes, ein Weckruf und ein, dem Leben gegenüber, positiv gestellter Film sein. Allerdings verfehlt man dieses Ziel um weiten.

Die Hauptrolle trägt zwar Nikolaj Coster-Waldau, den man vor allem durch seine Rolle des Jaime Lannister aus Game of Thrones kennt, doch ein Meisterwerk bekommt man hier nicht geliefert. Zwar spielt Coster-Waldau den introvertierten Ehemann äußerst authentisch, doch ist die Erzählstruktur, als auch die vermittelte Botschaft nicht verständlich oder gar verwerflich.

Verzerrter Suizidtourismus

Wie der Titel bereits zeigt, handelt der Film von Suizidtourismus, also dem Reisen in Länder, in denen es Sterbehilfe gibt. Jedoch fängt mit dieser Thematik das große Problem an: Der Film handelt nicht von der klassischen Sterbehilfe. Unter Sterbehilfe, die in der Politik häufig zur Diskussion steht, versteht man im Allgemeinverständnis das Sterbenlassen von Schwerkranken. Dabei gibt es zwar unterschiedliche Formen, doch wird das Modell stets bei alternativlosen Situationen und starken Schmerzen verwendet.

Anders ist das in Suicide Tourist. Max lebt zwar mit einem Tumor im Kopf, allerdings in keinem Stadium, dass ihn in seinem normalen Alltag einschränken würde. Damit ist die Alternativlosigkeit und das starke Leiden keinesfalls gegeben. Verschärft wird das noch durch den von Robert Aramayo verkörperten Ari. Dessen Alter wird im Film zwar nicht genannt, allerdings ist der Schauspieler 27 Jahre alt. Er ist ebenfalls wie Max ein Besucher des Aurora Hotels. Nur ist Ari an keiner (klinischen) Krankheit erkrankt.

Ari leidet unter Selbsthass. Er beschreibt es in einem Gespräch mit Max dadurch, dass er mit sich selbst nicht allein sein könne und dass das Leben dann ja keinen Sinn habe. Daraufhin wäre genau der richtige Zeitpunkt für den Film gewesen, sich zu positionieren. Genau in dieser Situation hätten eine Distanzierung und Einordnung stattfinden müssen. Stattdessen schweigt man. Max nimmt Ari in den Arm und zeigt ihm die Polarlichter – Ablehnung sieht anders aus.

Zwar lässt sich Aris Gesundheitszustand als psychisch krank darstellen, entspricht damit aber sowohl vom Alter als auch von der Methodik nicht der Sterbehilfe. Und mit Ari hat man dabei nicht die einzige kritische Persönlichkeit. Keinem der Besucher des Hotels wird eine tiefgehende Geschichte gewidmet. Alle scheinen nur einen Ausweg aus ihrem Leben zu suchen. Eine Rechtfertigung? Fehlanzeige.

Der Trailer ist noch die Krönung des Filmes. So zeigt man alle Kernelemente des Filmes bereits vorab und täuscht somit einen komplett anderen Film vor. Eine mysteriöse Abwendung vom Hotel findet so nicht statt. Stattdessen sind 2/3 des Filmes eine schlichte Romantisierung von Suiziden. Über 60 Minuten hinweg muss man das Leiden des Mannes und die scheiternden Suizidversuche mit ansehen. Dessen liefert man im späteren Verlauf jedoch auch keine Kontrastierung entgegen.

Fazit:

Daher gilt es abschließend von diesem Film nur abzuraten. Für Menschen mit depressivem Gedankengut ist dieser Film nur Zündholz. Der Film scheitert an seiner positiven Botschaft auf ganzer Linie. Arnbys Film lässt den Zuschauer mit einem positiveren Gefühl gegenüber dem Suizid und zeitgleich einer Verteufelung der Sterbehilfe zurück. Beides bietet weder Mehrwert noch Erkenntnis. Für Suicide Tourist wären lobende Worte im Bezug auf Bildsprache fehl am Platz, denn Suizid ist in keinem Fall eine Lösung.

Solltest du dich selbst betroffen fühlen, kontaktiere bitte die Telefonseelsorge unter www.telefonseelsorge.de oder der kostenfreien Hotline 0800 - 111 - 0111.

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