Das Känguru zieht bei seinem Nachbarn, dem unterambitionierten Kleinkünstler Marc-Uwe, ein. Doch kurz darauf reißt ein rechtspopulistischer Immobilienhai die halbe Nachbarschaft ab, um mitten in Berlin-Kreuzberg das Hauptquartier der internationalen Nationalisten zu bauen. Das findet das Känguru gar nicht gut. Es ist nämlich Kommunist.
Jedenfalls entwickelt es einen genialen Plan. Und dann noch einen, weil Marc-Uwe den ersten nicht verstanden hat. Und noch einen dritten, weil der zweite nicht funktioniert hat. Den Rest kann man sich ja denken. Vier Nazis, eine Hasenpfote, drei Sportwagen, ein Psychotherapeut, eine Penthouse-Party und am Ende ein großer Anti-Terror-Anschlag, der dem rechten Treiben ein Ende setzen soll.
„Die Känguru Chroniken“ sind kult und endlich gibt es die Free-TV Premiere. Seit 18. Dezember könnt ihr euch den Film in der ZDF Mediathek ansehen und das übrigens noch bis zu, 18. März 2022. Im Fernsehen kalauert das Känguru am Samstag, 25. Dezember 2021 um 17.30 Uhr. Wir haben vor der TV-Premiere exklusiv mit Hauptdarsteller Dimitrij Schaad gesprochen.
FILM.TV: Weihnachten läuft die Free-TV Premiere, im Kino war der Film, trotz Corona, ein ziemlicher Hit. Hat dich geärgert, dass die Lockdowns verhindert haben, dass das Ding noch größer geworden wäre?
Dimitrij Schaad: Es war ja trotzdem sehr schön und wir hatten Glück im Unglück, dass der Film ja kurz davor gestartet ist und ein wirklich ganz fantastisches erstes Startwochenende hatte. Und dadurch war einfach klar, dass wir auf jeden Fall einen zweiten Teil machen werden, den wir jetzt abgedreht haben dieses Jahr. Auch die Verfilmung und das alles war ein sehr, sehr schönes Gefühl. Und über alles andere muss man sich eigentlich nicht ärgern, weil es war so eine wilde Zeit, die dann gekommen ist da. Da ist der eine Film weniger, der im Kino läuft, verkraftbar angesichts der globalen Dynamiken.
Die Chroniken sind ja ziemlicher Kult. Hattest du Angst, dass die Fans dich als Marc-Uwe dann doof finden könnten?
Ja, habe ich immer noch.
Warum?
Marc ist einfach toll, charmant, lustig und ein ganz fantastischer Mensch und diese Schuhe filmisch zu füllen ist taff. Aber ich glaube und hoffe, es ist bei den Fans anständig angekommen.
Wie dicht bist du denn am echten Marc-Uwe dran? Der lebt ja, den gibt es wirklich. Der war auch am Film beteiligt, d.h. ihr kennt euch. Hast du den im Vorfeld beobachtet, um den nachzuspielen?
Wir haben dieses Jahr den zweiten Teil gedreht. Da hat Marc-Uwe Regie gemacht und dann haben wir uns jeden Tag gesehen und ich habe immer wenn er irgendwo stand einfach seine Körperhaltung kopiert. Und nach den zwei Monaten in denen der Film gedreht wurde, hat mir mein Rücken irrsinnig weh getan, aber es war toll seine eigenen Sätze aus seinem Mund zu hören und sie einfach nachsprechen zu können. Diese Art des Nachspielens konnte ich natürlich erst jetzt machen. Im Film davor war es so, dass wir uns im Vorfeld ein paar Mal getroffen haben, er mich im Theater besucht hat, wir zusammen Essen waren und gesprochen haben. Da wollte ich nicht eine exakte Kopie machen, weil das wäre irgendwie sinnlos, das zu versuchen. Aber eher so zu gucken, wie er tickt.
Das Känguru gibt es ja logischerweise nicht. Was hattest du da als Spielpartner?
Ja, es ist sehr unterschiedlich und Raum abhängig. Für gewöhnlich hatte ich mit Volker Zack einen wunderbaren Spielpartner, der in einem Motion Capture Anzug das Känguru gespielt hat, sodass ich etwas hatte, worauf ich reagieren kann. Oft ist es aber auch so, dass das nicht ging, zum Beispiel aus Platzgründen oder weil wir in einem bestimmten Motiv waren. Dann habe ich auch mal mit einem Tennisball spielen müssen oder einfach nur einen Punkt irgendwo als Orientierung gehabt. Und manchmal musste ich mir alles auch vollständig vorstellen. Wie zum Beispiel, wenn das Känguru auf der Abrissbirne hängt. Da haben wir natürlich keinen Stuntman drauf gesetzt.
Jetzt hast du schon gesagt, es gibt schon einen zweiten Teil vom Känguru. Wie findest du denn wieder in diese alte Rolle zurück?
Das war total schwierig, weil es zum Ersten Mal war, dass ich eine Fortsetzung gespielt habe. Es hat sich absurd angefühlt, wieder in der gleichen Wohnung zu drehen. Das ist ein Studio Nachbau der echten Marc-Uwe Küche. Aber trotzdem war es dann interessant, in der gleichen Küche wieder zu stehen, wo alles angefangen hat. Das Gute ist, dass die Figur insofern immer erst mal leichter zu finden ist, weil sie passiv ist und nicht so viel aktiv tun muss, sondern ich reagiere als Marc-Uwe einfach ganz viel. Und ich habe natürlich mit sehr großer Freude wieder alle Hörbücher angehört, und die Bücher nochmal gelesen.
Hattest du das eigentlich schon unabhängig vom Film vorab auch gemacht? Also warst du Fan, bevor die Anfrage kam?
Nein, ich habe davor einmal etwas gehört darüber, 2015 oder 2016. Von meiner damaligen Freundin, die die mir erzählte, dass sie das in ihrer WG hört. Und dann hat sie einen Gag davon nacherzählt und so ein bisschen die Känguru-Stimme gemacht. Und deswegen hatte ich im Kopf, dass das Känguru so klingt, wie sie es nachgemacht hat. Als ich die Casting Anfrage bekommen habe, war sie auch die erste Person, die ich dann angerufen habe: “Hier die Casting Anfrage von dem Ding was du immer hörst”. Erst danach habe ich angefangen mich da wirklich einzuarbeiten. Ich hatte aber kein Bild davon, wie ungeheuer groß das wirklich ist.
Und als du dann den Erstkontakt hattest und gesehen hast, wie Mark Uwe in diesen Geschichten tickt, hast du dann gedacht: Jo, der ist super, den würde ich super gerne spielen. Oder war das für dich trotzdem eine Herausforderung?
Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich diese Rolle jemals bekommen würde. Dann war es offenbar so, dass das Casting, also meine selbst gedrehte Aufnahme, so irrsinnig gut ankam, dass ich dann sofort im Finale war, was mich wahnsinnig gewundert hat. Anschließend war ich beim Live-Casting und es gab die ersten Treffen mit Marc-Uwe. Da habe ich gedacht: okay, spätestens jetzt hört es doch auf. Die müssen doch merken, dass sie die Rolle jedem namhaften Schauspieler in Deutschland geben könnten. Aber nein, sie haben niemand bekannteren oder besseren als mich gefunden.
Es war kein besserer verfügbar...
Es war einfach kein besserer verfügbar (lacht). Nein, es war wirklich ein äußerst großer, großer Glücksfall, dass das alles so toll zusammen gekommen ist und dass ich offenbar irgendwie den richtigen Riecher dafür hatte.
Jetzt läuft der Film im Free-TV Premiere zu Weihnachten im ZDF. Wie ist dein persönliches Verhältnis übrigens zu “Last Christmas” von Wham!?
Wahrscheinlich ist es ein Guilty Pleasure Song, weil ich ihn trotzdem gerne manchmal an Weihnachten höre. Nicht dann so gut und guilty wie „All I want for Christmas is you“, aber immerhin. Ich mag es gerne, eine Weihnachtsplaylist durchlaufen zu lassen und mich dabei leicht zu betrinken. Das Gehört für mich genauso dazu wie ein mal im Dezember in ein bestimmtes Restaurant gehen und Gans mit Klößen zu essen - alleine, so als Date mit mir selbst. Und natürlich schaue ich auch klassische Weihnachtsfilme: “Kevin allein zu Haus” oder “Stirb langsam”. Und früher in der Vor-Internet-Zeit war es natürlich der schönste Monat für mich als Fernsehkind, weil es so viele Filme gab, die um die Feiertage herum zum ersten Mal im Fernsehen gezeigt werden. So in den 90ern und frühen 2000ern waren das Großereignisse für mich. Schon Wochen davor in der in der TV Movie anzustreichen, was für Filme laufen werden und mir zu überlegen, ob ich noch von jemandem einen zweiten Videorecorder ausleihen muss, weil auf zwei Sendern gleichzeitig etwas Gutes läuft und ich das unbedingt aufnehmen möchte. Good times.
Wie feierst du eigentlich Weihnachten? Also wie sieht bei dir so der klassische Heiligabend aus?
Ich bin ja in Kasachstan geboren und aufgewachsen. Deswegen ist grundsätzlich das Konzept von Weihnachten etwas, was wir erst hier kennengelernt haben. Und es hat sich aus irgendeinem Grund bei meiner Familie eingebürgert, dass wir uns, also meine Mama, mein Vater, mein Bruder und ich uns gemeinsam treffen. Vorher war auch meine Oma manchmal dabei. Da machen wir dann Raclette und dabei trinken wir ungefähr zwei Flaschen Wodka aus. Ja, das ist Heiligabend. Genau. Danach gibt es einen komatösen Spaziergang und dann wird für gewöhnlich ein Film angeschaut.
Und wie wäre die kasachische Variante von Weihnachten?
Dort wird es ja gar nicht gefeiert, da ist ja das größere Fest an Silvester. Und die Geburt Christi wird bei den Russisch Orthodoxen am 8.1. zelebriert. Ein Weihnachten wie im Westen gibt es nicht. Wobei ich weiß nicht, ob mittlerweile vielleicht schon? Das müsste ich mal rausfinden, ob es irgendwie jetzt dort kasachische Weihnachtstraditionen gibt, jetzt wo das auch amerikanisiert ist.
Die Känguru-Chroniken 2: Film erzählt brandneue Geschichte
Weißt du zufälligerweise, ob das Känguru bis Kasachstan geschafft hat? Ist das da bekannt?
Nein, wir hatten aber eine lustige Begebenheit: Ich habe von meiner russischen Verwandtschaft aus Sankt Petersburg einen Link geschickt bekommen, nämlich einen russischen Trailer vom Känguru-Film und der war absurd anders synchronisiert. Also wirklich absurd anders. Mit einer vollkommen anderen Story. Und ich habe es dann Marc gezeigt und gefragt, ob er eigentlich weiß, dass das in Russland läuft. Er wusste nichts davon. Also habe ich versucht, ihm diesen Trailer zu übersetzen. Es wird gesagt, dass die gesamte Berliner Mafia hinter uns her ist und dass der Richter das Känguru häuten und in einen Wintermantel verwandeln möchte. Wie so ein richtig verkappter halbsibirischer Tarantino Abklatsch oder so etwas.
Da habe ich mich wirklich sehr erschrocken. Meine Mutter hat dann irgendwo im russischen Bereich des Internets einen Stream gefunden und ich habe den Film gesehen, und er war doch ganz sauber synchronisiert worden ist und genauso wie er gemeint ist.
Hättest du es denn geschafft, dich selber zu synchronisieren?
Ich würde es sehr gerne machen, aber ich werde bei sowas leider nicht gefragt. Das ist ärgerlich. Aber mein Russisch ist eigentlich perfekt, bis auf bestimmte Slang Worte, die mir fehlen. Aber um mich selbst zu synchronisieren, würde es auf jeden Fall dicke reichen.
Da ist doch bestimmt nur die Info verloren gegangen, dass das flüssig sprichst, weil es besser geht's ja gar nicht, als wenn der Schauspieler sich selber synchronisiert, würde ich jetzt sagen.
Ja, ja, wobei das viele ja auch nicht können. Da wirkt das leider sehr plump. Ich habe es bisher noch nie gemacht. Aber ich würde es auch gerne beim nächsten Mal eher selbst machen. Ich habe jetzt eine Netflix-Serie zu Ende gedreht und dort auch versucht, Netflix deutlich zu kommunizieren, dass ich das sehr, sehr gerne für den russischen Markt selbst synchronisieren würde. Mal gucken, ob die jetzt darauf eingehen.
Wenn du jetzt international Erfolg haben solltest, also in international großen Projekten, würdest du dich eher Richtung Hollywood orientieren oder würdest du dann eher Richtung Russland gehen, die ja auch wirklich tolle Filme inzwischen machen?
Schon eher Richtung Westen. Wobei ich sehr gerne im russischen Bereich arbeiten würde. Ich habe nach dem Studium in München noch ein halbes Jahr in Sankt Petersburg Schauspiel studiert. Das war eine sehr, sehr gute Zeit. Ich habe sehr viel Respekt für russische Schauspieler. Und das russische Arthouse Kino ist ein sehr, gutes. Und da gäbe es schon Regisseurinnen und Regisseure, mit denen ich gerne zusammenkommen würde.
Du bist ja als Kasache, als Kind nach Deutschland gekommen ohne Deutsch zu können. Du weißt also aus erster Hand, wie sich das anfühlt, wenn man so was macht. Was hättest du dir damals gewünscht? Was hätte anders laufen sollen?
Gute Frage. Sehr gute Frage. Also eine Sache, bei der wir großes Glück hatten in meiner Familie: Es war damals so die Politik, dass Aussiedlern geraten worden ist, zu Hause nur Deutsch zu sprechen, um die deutsche Sprache schneller zu erlernen und sich assimilieren zu können. Das war natürlich eine furchtbar dumme Sache! Denn das Problem ist, dass Kinder dann viel schneller die Sprache aufschnappen als die Erwachsenen und auf einmal gibt es keine wirkliche Kommunikationsebene mehr miteinander, weil es so weit auseinander driftet. Man hat sowieso als Einwanderer-Kind irgendwann leider die Phase, in der man die eigenen Eltern dafür verabscheut, dass sie nicht sind wie die einheimischen Eltern. Und wenn man dann auch noch keine gemeinsame Sprache hat, dann wird es sehr düster.
Glücklicherweise haben meine Eltern trotzdem weiter Russisch mit mir und meinem Bruder gesprochen. Aber ich glaube, dieser Umstand hat damals sehr, sehr viele Familien zerrüttet und eine eine natürliche Familienentwicklung verhindert. Und vor allem, dass man die Einwanderung als ein Stigma gesehen hat, was man schnellstmöglich loswerden sollte, anstatt eine neue Identität zu finden, die eine Mischform ist aus der alten und aus der neuen Kultur. So sollte man Einwanderung begreifen und nicht als: Wirf alles weg was du mitgebracht hast und assimiliere dich vollständig.
Lass noch mal zum Schluss kurz zurück auf die Känguru Chroniken kommen. Du hast schon gesagt, ihr habt am zweiten Teil schon gearbeitet. Was kannst du uns schon verraten?
Er wird “Die Känguru Verschwörung” heißen, es geht um - Verschwörungstheorien. Das Besondere ist, dass Marc-Uwe dieses Buch geschrieben hat, lange vor Corona, lange vor Impfgegnern und lange davor, dass Verschwörungstheorien so sehr in den Mainstream hochgeschossen sind. Und es wirkt so, als hätte er es eigentlich jetzt gerade für unsere Zeit geschrieben. Da sieht man mal wieder warum er einfach ein Genie ist.
Das Känguru und ich versuchen, die Mutter meiner großen Liebe Maria davon zu überzeugen, dass die Klimakatastrophe real ist und dass der Kaninchenbau aus Verschwörungstheorien und Rechtspopulismus, in den sie sich gestürzt hat, ein falscher. Und dazwischen erleben wir natürlich viele Dinge und ich starre verblüfft in eine verrückte Welt hinaus.