Stern TV wird 30 Jahre alt: Interview mit Günther Jauch und Steffen Hallaschka
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Stern TV wird 30 Jahre alt: Interview mit Günther Jauch und Steffen Hallaschka

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Über 10.700 Studiogäste, von Michail Gorbatschow bis Angela Merkel, sowie unzählige bewegende Begegnungen und denkwürdige Live-Momente – drei Jahrzehnte „stern TV“ sorgten nicht nur für jede Menge Gesprächsstoff, sondern sind zu einem festen Bestandteil deutscher Fernsehgeschichte geworden.

Anlässlich des 30-jährigen „stern TV“-Jubiläums präsentiert Steffen Hallaschka am 2. September um 20.15 Uhr in einer vierstündigen Sondersendung die größten Highlights des Magazins. Die ursprüngliche Jubiläumssendung zum runden Geburtstag am 4. April war der Pandemie zum Opfer gefallen. Stattdessen berichtete man aktuell über die steigenden Coronavirus-Infektionen und Maßnahmen der Bundesregierung.

Hallschakas wichtigster Gast am 2. September ist Günther Jauch, der 21 Jahre lang durch den großen Sendungsstern im Studio schritt, bevor er 2011 die Moderation an Steffen Hallaschka übergab. Im großen Doppelinterview blicken sie gemeinsam zurück – ein Gespräch über die vielleicht letzte Wundertüte des deutschen Fernsehens.

Günther Jauch und Steffen Hallaschka im Doppelinterview

Herr Jauch mit welchem Anspruch ist „stern TV“ vor 30 Jahren an den Start gegangen?

Günther Jauch: „Wir wollten etwas völlig Neues im deutschen Fernsehen machen: Eine Mischung aus Information und Unterhaltung. Wir wollten keinerlei Berührungsängste gegenüber Politik, Show, Komik oder Lebenshilfe haben. Das wollten wir in einer Art Wundertüte präsentieren, die es damals noch nicht gab. Früher wurden Sendungen noch in bestimmte Schubladen gesteckt: Das ist eine Informationssendung, das ist eine Dokumentation und das ist eine Unterhaltungssendung. Dass daraus eine Schnittmenge entstehen konnte, war neu.“

30 Jahre sind beim Fernsehen eine wahnsinnig lange Zeit. Was hat sich in den Jahren verändert?

Günther Jauch: „Die Sendung hat sich entwickelt, aber nicht so, dass man sie nicht wiedererkennen würde, auch wenn das in manchen Ohren abwertend klingen mag. Natürlich finden wir, dass wir alle vor 30 Jahren seltsam aussahen. Bei manchen Dingen hat man sich damals mehr Zeit genommen. Dafür ist aber die Technik auch vorangeschritten: Viel schnellere Schnitte sind heute möglich und man kann vom Bild her viel kreativer sein. Aber wir haben immer noch den Anspruch, mit der Sendung das gesellschaftliche Leben ohne Scheuklappen abzubilden. Das ist auch das Besondere der Sendung. Und, dass es eine Sendung ist, in der man Zeit hat – mittlerweile jeden Mittwoch fast zwei Stunden und das seit Jahrzehnten. Das ist einmalig im deutschen Fernsehen.“

Steffen Hallaschka, Sie moderieren die Sendung jetzt seit 10 Jahren – das ist ein großes Erbe. Viele haben sich damals gefragt: 'Wie ist der Neue?' Worauf sind Sie besonders stolz?

Steffen Hallaschka: „Ach, stolz überhaupt nicht. Ich bin wahnsinnig glücklich, dass das geklappt hat. Mir ging es genauso wie den Zuschauern. Ich bin damals mit den Worten rausgegangen: 'Ja, ich weiß, das ist komisch für Sie. Was soll ich denn erst sagen?' Denn genau so war auch mein Gefühl. Schon acht oder zwölf Wochen vor meiner ersten Sendung, gab es eine riesen Erwartungshaltung, als bekannt wurde, dass es einen Wechsel gibt. Ich musste andauernd erklären, was anders wird, was neu wird und was wir völlig über den Haufen werfen werden. Wir haben nichts über den Haufen geworfen. Wir haben damals gesagt, die Sendung ist so stabil, so toll, das Team ist so stark und hat in den Reportagen und Beiträgen solch eine Kernqualität, das muss nur einer ordentlich präsentieren. Das habe ich dann versucht und die Zuschauer sind mitgegangen. Ich wusste selber nicht, ob das funktionieren wird. Nach einem halben Jahr war klar: Jetzt diskutiert keiner mehr über die fehlende Krawatte, jetzt komme ich langsam in den Wohnzimmern und Köpfen der Leute an.“

Wie würden Sie den Markenkern von „stern TV“ heute beschreiben?

Steffen Hallaschka: „Der Markenkern ist noch ähnlich wie der in den Neunzigern. Es ist die beschriebene Wundertüte. Es ist ein Format ohne inhaltliche und formale Grenzen. Wir machen vom Kindergeburtstag bis zur politischen Debatte eigentlich alles in der Sendung. Aber sie hat sich natürlich dadurch verändert, dass sich die Welt außen herum verändert hat. Als „stern TV“ in den Neunzigern losging, hat das Internet noch gar keine Rolle gespielt in Deutschland. Bewegtbild im Netz, YouTube, das sind alles Dinge, die kamen mit den Jahren. Dadurch hat sich die ganze Medienlandschaft beschleunigt. Was wir heute merken: Es reicht nicht mehr, am Mittwochabend den Menschen in der Sendung zu haben, der am Freitag die Schlagzeilen beeinflusst hat. Der ist dann nämlich im Netz und in allen anderen Medien schon rauf und runter gelaufen. Das bedeutet, wir konzentrieren uns heute mehr auf selbstgesetzte Themen, ganz stark auf Reportage – mehr als auf Köpfe.“

Gesprächswert76%
Mit Material vonRTL

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